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Abtreibung
 

"Main-Post"-Artikel von Montag, 21. Februar 2005 - Seite A 2 (MEINUNG):
 
Spiegel kritisiert Papst-Äußerungen
"Unzulässiger Vergleich von Abtreibung und Holocaust"
 
BERLIN (AFP) Papst Johannes Paul II. ist mit Äußerungen zu Abtreibung und Holocaust in seinem neuesten Buch auf heftige Kritik des Zentralrats der Juden in Deutschland gestoßen. Zentralratspräsident Paul Spiegel sagte der Netzeitung vom Samstag, die Spitze der Katholischen Kirche habe nicht begriffen oder wolle nicht begreifen, dass der Holocaust nicht mit der Abtreibung verglichen werden könne.
Anlass der Kritik sind vorab bekannt gewordene Passagen des kommende Woche erscheinenden Papst-Buchs "Erinnerung und Identität". Darin rückt der Papst die Abtreibung in die Nähe der Judenvernichtung durch die Nationalsozialisten. Spiegel sprach von einem unzulässigen Vergleich, der sich nun fortsetze bis in die oberste Spitze der Katholischen Kirche. Das beweise, dass die Katholische Kirche "nicht begriffen hat oder nicht begreifen will, dass es einen gewaltigen Unterschied gibt zwischen einem fabrikmäßigen Völkermord und dem, was Frauen mit ihrem Körper tun". Spiegel fügte hinzu, dass er zwar Verständnis habe für Frauen, die abtrieben. Es müsse aber bedacht werden, dass Abtreibung auch als Mord an ungeborenem Leben bezeichnet werden könne.
Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, warf dem Papst wegen des Holocaust-Vergleichs Volksverhetzung vor. "Wenn der Papst Abtreibung und den Holocaust in einen Zusammenhang bringt, fehlt es ihm an moralischer und ethischer Orientierung", sagte Beck der Netzeitung.
FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte in Berlin, Holocaust und Abtreibung in einen Zusammenhang zu stellen sei eine bestürzende moralische Fehlleistung. Wer wie die katholische Kirche Verhütung verdamme, habe kein Recht, Frauen in Not zu kriminalisieren.
Das Papstbuch erscheint am Mittwoch. In dem 224-Seiten-Werk geht es um Themen wie Demokratie, Freiheit und Frieden aus christlicher Sicht. Es basiert auf Gesprächen, die Johannes Paul II. mit zwei polnischen Philosophen geführt hatte.
Der Weltbild-Verlag, der das Buch herausgibt, wertet das Buch mit dem Titel "Erinnerung und Identität - Gespräche an der Schwelle zwischen den Jahrtausenden" als "politisch-philosophisches Vermächtnis" des Papstes.
 
(Ende des Zeitungsartikels)

Kommentar
 
Die Reaktionen von Paul Spiegel und Volker Beck, finde ich überzogen und etwas erschreckend. Der Papst wollte den Holocaust sicher nicht verharmlosen, sondern wohl darauf hinweisen, wozu von Gott gelöste Menschen fähig sind. Denn Abtreibung, Holocaust und alle Gräueltaten der Menschheit haben die Sündhaftigkeit und die Abwendung von unserem Schöpfer als gemeinsame Wurzel. Selbst wer sich dem jüdischen Volk freundschaftlich verbunden fühlt, sollte das sagen dürfen - auch in einem Atemzug mit dem Holocaust. Es kommt halt auf die dahinter stehende Absicht an. Kinder im Mutterleib sind keine bloßen Zellklumpen, sondern lebendige gottgewollte Menschen, keine Sachen zum Wegwerfen. Am 25. Februar vor 30 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Fristenregelung verfassungswidrig ist. Die verharmlosend „Schwangerschaftsabbruch“ genannte Tötung bleibt (straffreier) Mord, ganz gleich was Politiker darüber sagen. Für Paul Spiegels Ängste habe ich etwas Verständnis; für den Aufschrei des Grünen Beck jedoch nicht. Nach grüner Logik ist ein Verbrecher, wer sein Kind züchtigt, wer es fristgerecht umbringt, aber nicht.


 

Meinung anderer:

Wann beginnt der Mensch, ein Mensch zu sein?

Denn du bildetest meine Nieren. Du wobst micht in meiner Mutter Leib. Ich preise dich darüber, dass ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin. - Meine Urform sahen deine Augen.
Psalm 139,13.14.16

Können Sie sich das vorstellen: Das Töten von Menschen ist je nach Tötungsmotiv Mord, wenn niedrige Beweggründe vorliegen, oder Tötung, z.B. im Straßenverkehr oder im Bereich Sterbehilfe. Und es gibt Gesetze, die bei diesen Delikten Strafen androhen, die dann auch verhängt werden - bis zur Höchststrafe: "lebenslänglich". Die Tötung von Menschen, wenn sie noch im Mutterleib leben, wird verharmlosend "Schwangerschaftsabbruch" genannt und ist straffrei. Solch eine Tat ist aber kein Abbruch, auch keine Tötung, sondern es ist Mord: das Baby im Mutterleib hat keine Chance, sich zu wehren. Heimtückischer kann man gegen einen Menschen nicht handeln!
Als das Bundesverfassungsgericht angerufen wurde, ob dieses Töten rechtens sei, erging heute vor 30 Jahren, am 25. Februar 1975, das Urteil: Die Fristenregelung für Schwangerschaftsabbruch ist verfassungswidrig! Die Konsequenz aus dem Urteil ist aber nicht etwa Strafe, sondern Straffreiheit. Der Mensch darf nicht töten, wird aber nicht bestraft, wenn er es tut. Damit wird das Unrechtsbewusstsein dermaßen geschwächt, dass jährlich allein in Deutschland nach offiziellen Berechnungen mehr als hundertfünfzigtausend Abtreibungen vorgenommen werden! Welch ein "trauriges" Jubiläum "feiern" wir heute!
Wir sind ein aussterbendes Volk, der Staat lässt zu, dass sein eigener Nachwuchs getötet wird. Wann beginnt der Mensch, ein Mensch zu werden? Gott jedenfalls sieht das Ungeborene vom ersten Tag an als Menschen, den er nach seinem Bild gemacht und berufen hat, ihn zu erkennen und ihm zu dienen. Welch ein Adel liegt doch auf jedem Menschenkind!

Eberhard Liebald in "Leben ist mehr - Impulse für jeden Tag - 2005" (CLV Bielefeld und CV Dillenburg), Leitvers und Thementext am Freitag, 25. Februar 2005. Internet: Tägliche Bibellese


 

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Das Antidiskriminierungsgesetz und seine Folgen
 

Beitrag von Thomas Zimmermanns in "factum - Das Magazin zum besseren Verständnis unserer Zeit", 25. Jahrgang, Nr. 3/2005. Mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion des factum-magazins.     (Download als pdf-Dokument oder als Word-Datei)

Das Regelwerk des in Deutschland zur Diskussion stehenden Antidiskriminierungsgesetzes ist ein Eingriff in die Privatautonomie. Auch christliche Gemeinschaften könnten betroffen sein.

In diesem Beitrag sollen Entstehungsgeschichte, Grundzüge des Inhalts und rechtliche und politische Konsequenzen des Antidiskriminierungsgesetzes (ADG) dargestellt und bewertet werden. Dieses äusserst umstrittende Gesetz ist bislang (Stand: 01.04.2005) zwar noch nicht in Kraft getreten, jedoch ist zu erwarten, dass es spätestens im Laufe der nächsten Monate von der rot-grünen Bundestagsmehrheit durchgesetzt wird. Bereits seit Januar dieses Jahres wird über den Gesetzesentwurf im Deutschen Bundestag beraten und kontrovers debattiert.

1. Die Entstehungsgeschichte des ADG
Das Recht jedes Bürgers auf Gleichbehandlung und der Schutz vor sachlich nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlung ist gegenüber dem Staat und seinen Organen in den europäischen Staaten schon seit langem verfassungsmässig garantiert. In Deutschland ist dies in Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG geschehen. Hiernach darf niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. S. 2 verankert darüber hinaus ein Benachteiligungsverbot wegen einer Behinderung.
   Dieses Verbot der Ungleichbehandlung galt bislang jedoch nicht im Privatrecht. Dort hatte noch jeder Bürger die Freiheit, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, ob, mit wem und unter welchen Bedingungen er Rechtsgeschäfte (wie Arbeits-, Kauf- oder Mietverträge) abschliessen wollte. 1 Dementsprechend konnte er auch Vertragsangebote Dritter zurückweisen, und zwar unter Angabe beliebiger Gründe wie auch ohne Angabe von Gründen.
   Im Jahr 2000 wurden vom Rat der EU jedoch zwei Richtlinien erlassen, mit denen die Grundsätze der Gleichbehandlung in das Privatrecht übertragen werden sollen. Die Richtlinie vom 29. Juni 2000 2 untersagt die Diskriminierung wegen Rasse und ethnischer Herkunft bei Abschluss und Ruchführung schuldrechtlicher Verträge verschiedenster Art 3, die Richtlinie vom 27.11.2000 4 untersagt die Diskriminierung im Arbeitsrecht darüber hinaus auch wegen der Religion oder der Weltanschauung, des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen Identität. In diesen Richtlinien wurde bestimmt, dass ihr Inhalt bis zum 19.07.2003 bzw. zum 02.12.2003 in das Recht der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten umzusetzen sei.
   Ein erster - weit über die entsprechenden EU-Richtlinien hinausgehender - Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums aus dem Jahre 2001 war nach massiver Kritik zurückgezogen worden. Am 21.01.2005 haben die Bundestagsfraktionen der SPD und der Grünen jedoch einen neuen - etwas weniger weitgehenden - Entwurf in den Bundestag eingebracht, der nachstehend dargestellt und aus politischer und christlicher Sicht bewertet werden soll.
   Der Inhalt dieses umfangreichen Entwurfs soll hier nicht vollständig, sondern nur in seinen Grundzügen dargestellt werden, wobei der Schwerpunkt auf den Regelungsinhalten liegt, von denen christliche Kirchen und Vereinigungen sowie Christen als Privatpersonen betroffen sein können.

2. Der Inhalt des neuen ADG-Entwurfs auf dem Gebiet des Arbeitsrechts
a) Die Gesetzessystematik
Das ADG sieht in § 1 und § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 vor, dass niemand wegen der Merkmale Rasse, ethnische Herkunft, Alter, Geschlecht, Behinderung, Religion, Weltanschauung oder sexueller Identität bei der Einstellung in ein Arbeitsverhältnis oder hinsichtlich der Arbeitsbedingungen oder der Beendigung des Arbeitsverhältnisses benachteiligt werden soll. Das bedeutet vor allem, dass kein Bewerber bei einer Stellenausschreibung zurückgewiesen werden darf, weil er Schwarzer oder Weisser ist, einer anderen Ethnie als der Arbeitgeber angehört, weil er zu alt (oder zu jung), eine Frau (oder ein Mann) ist, weil er behindert ist, weil er Christ, Moslem oder Atheist ist oder weil er homosexuell ist. Auch darf niemand im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses aus einem solchen Grund schlechter behandelt oder gekündigt werden.
   Hinzu kommen in § 2 Abs. 1 Nr. 3 und 4 weitere Verbote der Ungleichbehandlung aus einem der o. g. Gründe auf dem Gebiet der Arbeitsverhältnisse, in Nr. 5 und 6 auf dem Gebiet des Schulwesens, in Nr. 7 im Bereich der Bildung und in Nr. 8 betr. Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zu Verfügung stehen, einschliesslich von Wohnraum.
   Eine Benachteiligung aus einem der o. g. Gründe ist gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 ADG lediglich dann zulässig, wenn dieser Grund "wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmässig und die Anforderung angemessen ist". Dies bedeutet etwa, dass ein Mann bei der Stellenausschreibung eines Mannequins oder ein Beinamputierter als Dachdecker zurückgewiesen werden darf. Im Übrigen ist diese Einschränkung des Diskriminierungsverbots inhaltlich sehr unklar und wird wohl von den Gerichten in einer Vielzahl von Urteilen näher präzisiert werden müssen.
   Gemäss § 9 Abs. 1 ADG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung bei Religionsgesellschaften oder Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, "wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung angesichts des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung nach der Art der bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmässige und gerechtfertigte Anforderung darstellt".
   Das dürfte bedeuten, dass eine christliche Kirche einen Moslem oder Atheisten als Verkündiger, Lehrer oder Leiter zurückweisen dürfte. Denn ein Angehöriger einer anderen Religion oder ein Religionsloser wäre nicht in der Lage, die glaubensmässigen Ziele dieser Vereinigung zu unterstützen; seine Anstellung würde ihr schweren Schaden zufügen oder sogar das Ende der Existenz dieser Vereinigung bedeuten. Diese Rechtsfolgen können und dürfen durch das ADG nicht herbeigeführt werden, da in Art. 4 Abs. 1 GG die Religionsfreiheit und in Art. 140 GG i. V. mit Art. 136 ff. der insoweit fortgeltenden Weimarer Reichsverfassung (WRV) das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften grundgesetzlich geschützt ist. Dies gilt nicht nur für die grossen Kirchen oder für die Körperschaften des Öffentlichen Rechts, sondern für alle "Relgionsgesellschften" und damit auch für privatrechtlich organisierte (Frei-)Kirchen. Dass damit den Interessen christlicher Kirchen und Vereinigungen jedoch in keiner Weise Genüge getan ist, wird unter Punkt 4 ausführlich dargestellt.
   Schliesslich erlaubt § 10 S. 1 ADG eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist, wobei einzelne Anwendungsbereiche und Fallgruppen in § 10 Nr. 1 bis 4 ADG genannt werden.

b) Rechtsfolgen
Im Falle eines Verstosses gegen das Diskriminierungsverbot im Arbeitsrecht kann der Betroffene gemäss § 15 Abs. 1 ADG eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Wie hoch diese ist, wird im ADG nicht geregelt. Jedenfalls muss die Sanktion - so verlangen es die zugrunde liegenden EU-Richtlinien - "wirksam, verhältnismässig und abschreckend" sein. 5 Für die Höhe der Entschädigung soll ferner von Bedeutung sein, ob die Benachteiligung nur aus einem oder aus mehreren der in § 1 ADG genannten Gründen erfolgte. 6

c) Beweislast
Das ADG verlangt in § 23, dass im Streitfall "die eine Partei", d. h. derjenige, der behauptet, im Sinne des ADG rechtswidrig benachteiligt worden zu sein, Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 ADG genannten Grundes vermuten lassen. Hierunter könnten z. B. abfällige Bemerkungen des Arbeitgebers oder eines seiner Angestellten 7 über die Religion, ethnische Herkunft usw. des Bewerbers während eines Vorstellungsgesprächs, im Zusammenhang mit einer Bewerbung oder am Arbeitsplatz fallen. In diesem Fall muss der Beklagte beweisen, dass andere, hiervon unabhängige Gründe zur Nichteinstellung, Kündigung usw. geführt haben oder dass ein Ausnahmetatbestand vorliegt, der die Benachteiligung wegen eines der in § 1 ADG genannten Gründe rechtfertigt.

d) Prozessuale Fragen
Gemäss § 24 Abs. 2 ADG können sog. Antidiskriminierungsverbände als Bevollmächtigte und Beistände von Klägern gerichtlich auftreten. Werden ihnen die Ansprüche auf Schadensersatz abgetreten, so können sie diese auch an Stelle des Betroffenen einklagen (§ 24 Abs. 4 ADG).

3. Der Inhalt des neuen ADG-Entwurfs auf den Gebieten des sonstigen Zivilrechts 8
a) Die Gesetzessystematik
Gemäss § 20 Abs. 1 Nr. 1 ADG ist eine Benachteiligung wegen eines in § 1 ADG genannten Grundes bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse unzulässig, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte), oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen. § 20 Abs. 1 Nr. 2 ADG enthält darüber hinaus ein Benachteiligungsverbot im Versicherungswesen.
   Bei zivilrechtlichen Schuldverhältnissen, die keine Massengeschäfte sind, ist gemäss § 20 Abs. 2 ADG eine Benachteiligung nur wegen der Rasse und der ethnischen Herkunft unzulässig.
   Der Begriff des "Massengeschäfts" gewinnt somit für Reichweite und Ausdehnung des Benachteiligungsverbots eine grosse Bedeutung. Ein Massengeschäft soll gemäss § 20 Abs. 1 Nr. 1 ADG dann vorliegen, wenn das Schuldverhältnis typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommt.
   Für das Merkmal "Vielzahl von Fällen" sei nach Ansicht mancher Gesetzesausleger auf den konkreten Anbieter abzustellen, sodass regelmässig nur Unternehmer i. S. von § 14 BGB erfasst würden; Hauptanwendungsbereiche seien hierbei Einzelhandel, Gastronomie und Transportgewerbe. 9 Es ist aber nicht sicher, ob die Gerichte dieser Definition folgen werden; der unbestimmte Begriff "Massengeschäfte" wird voraussichtlich in einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen näher definiert und präzisiert werden müssen.
   Damit geht der Gesetzesentwurf auf diesen Gebieten bei den sog. Massengeschäften über die entsprechenden EU-Richtlinien hinaus, denn diese verbieten in diesen Bereichen nur die Diskriminierung wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft und des Geschlechts.
   Des Weiteren ist der Umfang der Einbeziehung von Mietverträgen in das ADG ungeklärt und problematisch. Auch hier könnte man bei Wohnungsbaugesellschaften, die eine Vielzahl von Wohnungen vermieten, vom Tatbestand des "Massengeschäfts" ausgehen, bei dem das Ansehen der Person nachrangige Bedeutung habe, sodass dort eine Benachteiligung von Mietbewerbern aus sämtlichen der in § 1 ADG genannten Gründen unzulässig wäre. Andererseits handelt es sich bei Mietverhältnissen um Dauerschuldverhältnisse, bei denen die Person des Vertragspartners und das Vertrauen zu ihm aufgrund der Langfristigkeit der vertraglichen Beziehungen keine nachrangige Bedeutung hat.
   Bei privaten Vermietern einer einzelnen oder einiger weniger Wohnungen liegt von vornherein kein Massengeschäft vor, falls man dieses im Sinne der zuvor genannten Ausleger definiert; immerhin ist auch in diesen Fällen gemäss § 20 Abs. 2 i. V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 8 ADG die Benachteiligung wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft unzulässig. Allerdings sieht § 20 Abs. 5 S. 1 und S. 2 ADG vor, dass die Vorschriften dieses Abschnitts 10 und damit sowohl Abs. 1 als auch Abs. 2 keine Anwendung finden, wenn ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien besteht und dass dies bei Mietverhältnissen insbesondere dann der Fall sein "kann", wenn der Vermieter auf dem Mietgrundstück wohnt. Rechtssicherheit schafft der Gesetzesentwurf jedoch auch insoweit nicht, da es sich nur um eine "Kann"-Bestimmung handelt.
   § 21 ADG enthält für das Zivilrecht eine Ausnahme vom Diskriminierungsverbot (jedoch ausser für die Benachteiligung wegen Rasse oder ethnischer Herkunft), nämlich wenn ein "sachlicher Grund" für die Ungleichbehandlung vorliegt. Dies "kann" insbesondere dann der Fall sein, wenn einer der in den Nr. 1 bis 5 genannten Tatbeständen vorliegt. Diese sind jedoch zum Teil unklar, ja unverständlich (vergl. Nr. 1: "wenn die unterschiedliche Behandlung der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient"; Nr. 2: "wenn die unterschiedliche Behandlung dem Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt", sowie Nr. 3: "wenn die unterschiedliche Behandlung besondere Vorteile gewährt und ein Interesse an der Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt").
   Nr. 4 enthält für den Bereich des Zivilrechts eine Ergänzung zu § 9 und ermöglicht auch dort eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung, falls dies im Hinblick auf die Ausübung der Religions- oder Weltanschauungsfreiheit oder auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gerechtfertigt ist.
   Im Erb- und Familienrecht gilt das ADG nicht (§ 20 Abs. 4 ADG), d. h. etwa die Ablehnung einer Erbeinsetzung oder eine Enterbung, die Lösung eines Verlöbnisses oder die Ablehnung einer Eheschliessung wegen eines der in § 1 ADG genannten Gründe bleibt zulässig.

b) Rechtsfolgen
Als Rechtsfolge für eine rechtswidrige Benachteiligung im Zivilrecht sieht der Gesetzesentwurf wie auf dem Gebiet des Arbeitsrechts einen Schadensersatzanspruch vor (§ 22 Abs. 3 ADG). Liegt kein Vermögensschaden vor, so kann er gemäss § 22 Abs. 3 S. 3 ADG "eine angemessene Entschädigung in Geld" verlangen. Die Höhe ist hier ebenso wie in § 15 Abs. 1 im Gesetz nicht festgelegt und müsste im Einzelfall durch das Gericht bestimmt werden. Darüber hinaus hat er gemäss § 22 Abs. 2 S. 1 ADG einen Anspruch auf Vertragsabschluss, wenn der beweisen kann, dass der Vertragsabschluss ohne den Verstoss gegen das Benachteiligungsverbot zustande gekommen wäre.
   Schliesslich gibt § 22 Abs. 1 S. 2 ADG dem Betroffenen einen einklagbaren Anspruch auf Unterlassung weiterer Benachteiligungen, falls solche zu befürchten sind.

c Beweislast und prozessuale Fragen
Hinsichtlich der Beweislast und der prozessualen Fragen (Prozessstandschaft von Antidiskriminierungsverbänden usw.) gilt das unter 2a) Gesagte.

4. Die Antidiskriminierungsstelle
Die §§ 26 ff. ADG sehen die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle des Bundes vor. Auch damit wird die Vorgabe von EU-Richtlinien umgesetzt. 11 Ihr sind zahlreiche Aufgaben zugewiesen. V. a. ist sie Ansprechstelle für jeden, welcher der Ansicht ist, wegen einer der in § 1 ADG genannten Gründe benachteiligt worden zu sein (§ 28 Abs. 1 ADG).
   Diese Personen unterstützt sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte, und zwar v. a. durch Rechtsberatung sowie durch Anstrebung einer gütlichen Einigung. Darüber hinaus soll sie u. a. Öffentlichkeitsarbeit betreiben, Massnahmen zur Verhinderung der nach dem ADG verbotenen Benachteiligungen erarbeiten sowie wissenschaftliche Untersuchungen zu diesen Benachteiligungen durchführen (§ 28 Abs. 3 Nr. 1-3 ADG).
   Nach vorläufigen Schätzungen wird die Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle dem Bundeshaushalt Kosten in Höhe von jährlich 5,6 Mio. Euro verursachen. 12

5. Die Bewertung dieses Entwurfs
Nach einer treffenden Feststellung des thüringischen Justizministers Harald Schliemann liegt in diesem Gesetzesentwurf "eine der massivsten Systemveränderungen in Europa seit der Französischen Revolution". 13 Denn sie bedeuten einen tiefen Eingriff in die Privatautonomie.
   Privatautonomie bedeutet das Recht eines jeden Bürgers, seine Lebensverhältnisse selbst zu regeln. Dieses Recht ist grundgesetzlich in Art. 2 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt der freien Entfaltung der Persönlichkeit geschützt. Eines der hauptsächlichen Rechtsinstrumente der Privatautonomie ist die Vertragsfreiheit. Sie beinhaltet das Recht, frei zu entscheiden, ob, mit wem und zu welchen Bedingungen man Arbeits-, Kauf-, Miet- oder sonstige Verträge schliessen will. Dies schliesst das Recht ein, Vertragsangebote Dritter mit oder ohne Begründung zurückzuweisen, wobei der - zum Ausdruck gebrachte oder nur innerlich vorhandene - Grund rechtlich bedeutungslos ist.
   Da die Ausübung der Vertragsfreiheit durch Abschluss von Verträgen voraussetzt, dass der in Aussicht genommene Vertragspartner seinerzeits zum Vertragsabschluss willig und bereit ist, geht die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfes fehl, wenn sie ausführt, dass "sich die Privatautonomie ... nur entfalten (kann), wenn die Freiheit des Vertragsabschlusses auch realisiert werden kann". 14 Denn jede Vertragsfreiheit hat ihre Grenze an der Vertragsfreiheit des potenziellen Vertragspartners; der Staat hat nicht das Recht, diesen unter Androhung rechtlicher Sanktionen zum Vertragsabschluss zu zwingen und auch nicht, bestimmte Gründe und Motive der Ablehnung des Vertragsschlusses mit Sanktionen zu belegen.
   Ebenso geht es fehl, in der Ablehnung eines Vertragsschlusses wegen der in § 1 ADG genannten Eigenschaften des Interessenten einen "Angriff auf dessen Person" und eine "Herabwürdigung" zu sehen, die mit Sanktionen zu ahnden wäre. 15 Dies mag im Einzelfall bei einer beleidigenden Form der Zurückweisung der Fall sein, aber nicht in den übrigen Fällen. Denn wenn die Privatautonomie jedem das Recht gibt, Verträge zu schliessen, Vertragsangebote aber auch zurückzuweisen, dann kann die Ausübung dieses Rechtes nicht gleichzeitig einer Herabwürdigung des anderen oder einen Angriff auf seine Person darstellen.
   Das ADG greift aber nicht nur in die Privatautonomie, sondern auch in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und in die Grundrechte der Glaubens- und Gewissensfreiheit ein. Zwar war unter 2a) herausgearbeitet worden, dass christliche Kirchen und Vereinigungen nicht damit rechnen müssen, anders- oder nichtreligiöse Verkündiger, Leiter oder Lehrer einstellen zu müssen, doch ist dies bei anderen Mitarbeitern, wie etwa Büroangestellten, Krankenschwestern, Reinigungs- und Küchenpersonal keineswegs sicher.
   Doch auch bei solchen Mitarbeitern haben christliche Kirchen, Vereinigungen usw. ein berechtigtes Interesse daran, dass diese ihre glaubensmässigen Grundlagen und ethischen Normen und Werte teilen. Denn die Mitarbeit in einer Kirche o. ä. wird nicht als blosse Arbeitsleistung verstanden, sondern als gemeinsamer Dienst im Reich Gottes aufgrund gemeinsamen Glaubens.
   Bei solchen Mitarbeitern könnten die Gerichte jedoch die Auffassung vertreten, dass sie bei einer Kirche als Arbeitgeber nicht anders als bei einem sonstigen Arbeitgeber Arbeit zu verrichten haben, die in keiner Beziehung zu dem religiösen Selbstverständnis des Arbeitgebers steht, und es mit dieser Begründung verneinen, dass die gemeinsame Religionszugehörigkeit als "wesentliche Anforderung" i. S. des § 9 ADG anzusehen ist.
   Aber auch an zwei anderen Punkten besteht die Gefahr, dass das ADG in schwer wiegender Weise in das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen eingreift. Denn § 9 ADG erlaubt nur eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung, nicht aber wegen anderer in § 1 ADG genannten Gründe, wie sexuelle Identität oder Geschlecht, obwohl für christliche Kirchen und Vereinigungen auch dies eine Rolle spielen kann. Denn praktizierte Homo- oder Bisexualität (ebenso wie auch heterosexuelle vor- oder aussereheliche sexuelle Betätigung) würde biblischen Grundsätzen widersprechen, die eine christliche Kirche von ihren Mitarbeitern - und zwar nicht nur von ihren Leitern und Verkündigern - erwarten kann und muss.
   Ebenso ist nach dem Verständnis entsprechender Bibelstellen für die katholische Kirche und eine Reihe von Freikirchen das Amt des Verkündigers und ggf. weitere Ämter (Älteste, Bibellehrer, Diakone) ausschliesslich Männern vorbehalten. Die sich aus diesem biblischen Verständnis ergebende Ungleichbehandlung wäre somit nicht durch § 9 ADG, sondern höchstens durch § 8 ADG gerechtfertigt. Aber § 8 ADG verlangt, dass das Merkmal, auf dem die Ungleichbehandlung beruht, nicht nur eine "wesentliche" berufliche Anforderung, sondern eine "wesentliche und entscheidende" berufliche Anforderung darstellt, d. h. die Anforderungen für die Anerkennung einer Ausnahme vom Benachteiligungsverbot sind insoweit wesentlich höher, und es ist fraglich, ob die hier genannten Gründe im Streitfall von den Gerichten anerkannt werden.
   Der Beauftragte der Vereinigung Evangelischer Freikirchen am Sitz der Bundesregierung, Dietmar Lütz, der das ADG im Prinzip gutheisst, 16 hält es dementsprechend für möglich, dass Kirchen, die die Frauenordination ablehnen, "möglicherweise vor Gericht ihre Glaubensgründe, die gegen eine Frauenordination sprechen, zu erklären haben werden". Dabei werde es sich dann zeigen, "ob es sich tatsächlich um religiös belegbare Gründe oder um alte Zöpfe handelt". 17
   An dieser Stelle wäre lediglich festzustellen, dass das in Art. 140 GG garantierte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften es nach seinem Selbstverständnis ausschliesst, dass Kirchen oder christliche Vereinigungen die Grundsätze ihres Glaubens oder die Auswahlkriterien für ihre Leiter, Verkündiger oder sonstigen Mitarbeiter vor Arbeits- oder sonstigen Gerichten erklären und rechtfertigen müssen - mit der weiteren Konsequenz, dass das Gericht diese Gründe dennoch nicht akzeptiert. Unter diesen Umständen könnte von Religionsfreiheit und vom Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften keine Rede mehr sein!
   Ein weiterer Problembereich liegt für Kirchen und christliche Vereinigungen und noch mehr für einzelne Christen als Hauseigentümer und Vermieter auf dem Gebiet des Mietrechts. Dort stellt sich nämlich das Problem, ob sie aufgrund von §§ 1, 20 Abs. 1 ADG dazu gezwungen sein könnten, ihre Wohnung an homosexuelle Paare zu vermieten, was ihnen ihr an die Bibel gebundenes Gewissen verbieten würde.
   Betrachtet man den Abschluss man den Abschluss von Mietverträgen generell als "Massengeschäfte" i. S. von § 20 Abs. 1 ADG, so wäre dies der Fall. Nimmt man ein "Massengeschäft" nur bei den Vermietungsgeschäften grosser Vermieter an, so bestände ein Benachteiligungsverbot nur hinsichtlich der Merkmale "Rasse" und "ethnische Herkunft". Aber auch so können Konflikte entstehen, nämlich dann, wenn der christliche Vermieter nur an Christen vermieten möchte, sodass er Nichtchristen zurückweisen würde, auch wenn diese zugleich einer anderen Rasse oder ethnischen Herkunft angehören.

6. Konsequenzen und Perspektiven
Das hier dargestellte Gesetz ist derzeit noch nicht in Kraft. Es wird von der CDU/CSU-Opposition im Bundestag sowie von zahlreichen Verbänden (Arbeitgeber, Haus- und Grundbesitzer usw.) abgelehnt. Aber in seinen grundlegenden Bestimmungen wird es in Kraft treten, da dies durch entsprechende EU-Richtlinien vorgegeben ist.
   Man sieht auch am Beispiel dieses Gesetzes, wie weit die gesetzgeberische Souveränität der EU-Staaten bereits eingeschränkt ist und ihre Gesetzgebung durch EU-Gremien, darunter auch solche, die nicht demokratisch legitimiert sind, bestimmt wird. Für Christen stellt sich die Frage, wie sie auf dieses Gesetz reagieren sollen.
   Sollten christliche Kirchen und Vereinigungen dazu gezwungen werden, entgegen ihrer biblisch begründeten Überzeugung Leiter, Verkündiger oder sonstige Mitarbeiter anzustellen, so könnten sie dem nicht nachkommen. Solche Forderungen müssten sie verweigern und - ggf. nach erfolglosem Beschreiten des Rechtsweges - die gesetzlich vorgesehenen Sanktionen auf sich nehmen. Denn es würde dann der Grundsatz "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen" (Apg. 5,29) gelten. Gleiches würde für Christen gelten, wenn sie dazu gezwungen werden sollten, ihre Wohnung an homosexuelle Paare zu vermieten.
   Unabhängig davon enthält das Gesetz in hohem Masse die Gefahr des Missbrauchs, indem Ansprüche wegen Diskriminierung geltend gemacht werden, ohne dass eine solche vorliegt. Begünstigt wird dies dadurch, dass die Glaubhaftmachung der Tatsachen, aus denen sich die Diskriminierung ergibt, ausreichen soll und die dann eintretende Beweislastumkehr.
   Auch auf die Rechtsunsicherheit, die das Gesetz mit sich bringt, wäre hinzuweisen. Denn eine ganze Anzahl von Bestimmungen sowie in Teilen der Systematik des Gesetzesentwurfes sind unklar und mehrdeutig. Das bedeutet, dass der Bürger in vielen Fällen nicht mit Sicherheit weiss, welches Verhalten zulässig ist und welches nicht. Damit einhergehend wird es aller Voraussicht nach zu einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsverfahren kommen mit der Folge, dass der Rechtsfriede beeinträchtigt und die Justiz noch mehr überlastet wird.
   Die rechtspolitischen Ziele, Diskriminierungen gegenüber bestimmten Gruppen abzubauen, wird das Gesetz vermutlich nicht erreichen. Im Gegenteil ist damit zu rechnen, dass viele Arbeitgeber, Vermieter usw. vertragliche Beziehungen zu diesen Gruppen völlig meiden und Arbeitsstellen, Wohnungen usw. nicht mehr öffentlich ausschreiben, sondern so weit wie möglich unter Ausschluss der Öffentlichkeit anbieten und vergeben.
   Insgesamt ist das ADG das Musterbeispiel eines Gesetzes, in dem sich Ideologie über Recht und Sachverstand erhebt.

7. Inhalte anderer europäischer Antidiskriminierungsgesetze
In Schweden trat im Herbst 2002 ein Antidiskriminierungsgesetz in Kraft, in dem u. a. jede ablehnende Äusserung gegen Homosexualität und Homosexuelle mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren bedroht ist. Dies soll auch dann gelten, wenn Homosexualität unter Berufung auf die Bibel als Sünde bewertet wird. 18 Das Gesetz hat dazu geführt, dass der Pastor einer Pfingstkirche, Ake Green, der in einer Predigt Homosexualität als "Krebsgeschwulst" in der Gesellschaft bezeichnet hatte, angeklagt und in erster Instanz zu einem Monat Gefängnis verurteilt wurde. Auf seine Berufung hin wurde er vom Hauptgericht in Göta freigesprochen. Eine auf religiösen Texten beruhende Predigt könne nicht als Hetze gegen Teile der Bevölkerung verstanden werden. 19
   Das Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig; ausserdem planen einflussreiche politische Kreise eine Verschärfung des Gesetzes. Dann wäre es für Christen nicht mehr möglich, Sünde beim Namen zu nennen, ohne sich straf- und zivilrechtlicher Verfolgung auszusetzen.
   Neben dem ADG gibt es noch an zahlreichen weiteren Punkten Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Gesellschaft, die Druck und Einschüchterung bewirken und daher ebenfalls zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit der Christen führen werden. Dies ist das Thema des Buches "Christen unter Druck" (siehe Buchhinweis).

Der Autor Thomas Zimmermanns ist Jurist. Dieser Artikel fasst ein Gutachten zusammen, das er für den Arbeitskreis für Religionsfreiheit der Evangelischen Allianz und das Martin-Bucer-Seminar im März 2005 erstellt hat.

Fußnoten:
1 Von einigen Ausnahmen wie § 611 a BGB abgesehen, der die Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Begründung und Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen verbietet.
2 RL 2000/43/EG.
3 Ergänzt durch eine weitere Richtlinie des Rates vom 13.12.2004 (RL 2004/113/EG), in der die Diskriminierung auch wegen des Geschlechts untersagt wird.
4 RL 2000/78/EG; ergänzt durch die Richtlinie RL 2002/73/EG vom 05.10.2002.
5 Art. 15 S. 2 der RL 2000/43/EG; Art. 17 S. 2 der RL 2000/78/EG u. a.
6 Amtliche Begründung zum Entwurf des ADG (Stand: 05.05.2004), S. 69.
7 Für deren Verhalten der Arbeitgeber in weit gehendem Umfang haften würde; siehe etwa §§ 7 Abs. 1 und Abs. 3; 12 Abs. 1 und 2; 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ADG.
8 Wie z.B. Kauf-, Miet-, Werk-, Geschäftsbesorgungs- und Versicherungsverträge.
9 So Armbrüster ZRP 2005, 41 ff., 42; ähnlich Wank Editorial NJW 3/2005.
10 D. h. des Abscnitts 3 des ADG ("Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr").
11 Vergl. etwa Art. 13 der RL 2000/43/EG vom 29.6.2000.
12 Amtlicher Entwurf des ADG (Stand: 05.05.2004), S. 3
13 Editorial NJW 12/2005.
14 Amtlicher Entwurf des ADG (Stand: 05.05.2004), S. 75.
15 So aber Armbrüster ZRP 2005, 41 ff., 43.
16 Idea Spektrum 10/05, S. 15.
17 Idea Spektrum 4/05, S. 9.
18 Vergleiche dazu näher AUFBRUCH, Mitglieder- und Freundeskreis des EAD.
19 Idea Spektrum 7/05, S. 28.

Von Thomas Zimmermanns ist im LOGOS-Verlag 2005 erschienen: "Christen unter Druck - Kommt eine Christenverfolgung in Europa?" (48 Seiten; ISBN 3-936850-10-0)
 
In den letzten Jahrzehnten haben die Angriffe auf die bekennende Gemeinde Jesu in Deutschland und Europa an Massivität und Schärfe deutlich zugenommen. Offen oder verdeckt werden Gläubige angegriffen, isoliert oder der Lächerlichkeit preisgegeben, besonders in den Massenmedien. Diese Tendenzen aufzuzeigen, ist Thema des Buches von Thomas Zimmermanns.
   Als Erstes stellt der Autor die gegenwärtige Situation in Politik, Rechtsprechung, Kirchen und Gesellschaft dar. Diese haben sich in vielerlei Hinsicht immer mehr von Gottes Geboten und Ordnungen entfernt und damit in einer Weise verändert, die von Christen, für welche die Bibel auch im Bereich der politischen Ethik massgebliches Wort Gottes ist, nicht gutgeheissen werden kann. Es seien hier nur die Beispiele Abtreibung, Homo-Ehe, Feminismus, Synkretismus und fehlender Gottesbezug der EU genannt.
   Demgegenüber werden - trotz des allgegenwärtigen Schlagwortes "Toleranz" - eine Reihe biblisch begründeter Standpunkte nicht mehr toleriert. Hierzu gehören das Festhalten am Lebensschutz vom Anfang bis zum Ende des menschlichen Lebens, die Überzeugung, dass die Einehe zwischen Mann und Frau die einzige vom Staat anzuerkennende Form des geschlechtllichen Zusammenlebens ist, dass Jesus Christus der einzige Weg zur Versöhnung mit Gott ist, dass Jesus als Weltherrscher wiederkommen wird, dass die Welt kein Produkt einer Milliarden Jahre dauernden Evolution, sonder Gottes Schöpfung ist, u. v. m.
   Kritik an Abtreibungsärzten wird seit einigen Jahren - obwohl das Grundrecht der Meinungsfreiheit von der Rechtsprechung ansonsten nahezu ausufernd weit anerkannt ist - straf- und zivilrechtlich verfolgt.
   Das Festhalten am Abolutheitsanspruch Jesu Christi wird nicht nur in den weltlichen Medien und Institutionen, sondern zunehmend auch von den Kirchen als "fundamentalistisch" und weltfriedensgefährdend bewertet, da der angestrebte Weltfriede den Frieden unter den Religionen voraussetze, der seinerzeit nur möglich sei, wenn jede Religion auf den Anspruch verzichte, alleiniger Weg zum Heil zu sein.
   Ebenso können Antidiskriminierungsgesetze zu Mitteln werden, Meinungs-, Glaubens- und Gewissensfreiheit der Christen einzuschränken.
   Der Verfasser macht in seinem Buch die Notwendigkeit deutlich, trotz des zunehmenden Druckes an der unverkürzten biblischen Wahrheit festzuhalten. Dies vermag die Gemeinde nicht aus eigener Kraft, sondern nur aus der Kraft Jesu Christi, mit dem sie in treuer Nachfolge verbunden bleibt.
 
(Die Buchrezension wurde ebenfalls der oben genannten Ausgabe von "factum" entnommen).


 

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Erziehung
 

(Derzeit kein Beitrag)


 

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Gesellschaftliche Entwicklung
 


 

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Homosexualität
 

Auszug aus dem Buch "Der vergessene Befehl - seid heilig!" von William MacDonald (CLV Christliche Literatur-Verbreitung e.V., Bielefeld, ISBN: 3-89397-195-5):

Viele Menschen behaupten, dass die Homosexualität ein akteptabler, alternativer Lebensstil sei. Die Schwulen sind aus ihrem Versteck hervorgekommen und kämpfen für gleiche Rechte.

Gläbige sollten sich jedoch weder von dem, was die Leute sagen, leiten lassen, noch von dem, was derzeit in unserer Kultur praktiziert wird. Auch von Sätzen wie: "Jeder tut es" sollten sie sich nicht beeinflussen lassen. Sie sollten sich eher die entscheidende Frage stellen: "Was sagt die Bibel dazu?" Lasst uns also nun die Heilige Schrift dazu betrachten.

Die wichtigsten Stellen, die die Homosexualität behandeln, sind folgende:

1. Mose 1 und 2 - Gott schuf den Menschen Mann und Frau und setzte die Ehe als Seinen Willen für Sein Volk ein. Die Homosexualität ist damit also eine Perversion von Gottes Willen über die Sexualität. Es ist ein Verbrechen gegen die Natur.

2. Mose 19,1-26 - Die Männer Sodoms waren bekannt für ihre Homosexualität. Das Wort "Sodomie", im Englischen gleichbedeutend mit Homosexualität, stammt offensichtlich von dieser Stadt. Als die Männer Sodoms versuchten, Lots männliche Gäste zu vergewaltigen, befahl Gott Seinen Leuten, die Stadt zu verlassen, die Er dann durch Feuer und Schwefel zerstörte.

3. Mose 18,22; 20,13 - Unter dem Gesetz Moses galt die Homosexualität als Abscheulichkeit, die mit dem Tod bestraft wurde. (Übrigens straft diese Tatsache die Lehre Lügen, die behauptet, Sodomie sei eine Krankheit. Gott verurteilt keinen Menschen zum Tode, weil er krank ist.)

Römer 1,18-32 - Die Menschen damals hatten bereits Verständnis über den wahren Gott, verdrängten dieses Bewusstsein jedoch. Sie wurden zu Götzendienern, die geschnitzte Bilder aus Holz und Stein anbeteten. Als sie Gott aus ihrem Bewusstsein verdrängten, verließ Er sie, und sie begannen, alle möglichen Formen der Unmoral zu praktizieren, Homosexualität eingeschlossen. Paulus sagt recht offen, dass diejenigen, die dieses praktizieren, des Todes würdig sind.

1. Korinther 6,9 - Dieser Vers sagt ganz deutlich, dass weder ein Homosexueller noch ein männlicher Prostituierter das Königreich Gottes erben wird.

1. Timotheus 1,10 - Sodomie wird gleichzeitig mit Mord, Hurerei, Menschenraub und Lüge genannt - als Übertretungen gegen das Gesetz Gottes. Und natürlich steht auf dem Brechen des Gesetzes Gottes die Todesstrafe.

Die Bibel lehrt uns also ganz klar, dass die Homosexualität eine sündige Perversion von Gottes Willen für Seine Geschöpfe ist. Keine noch so große Menge an Begründungen kann ein klares Wort Gottes entkräften. Und noch einmal muss gesagt werden, dass Christen sich in acht nehmen müssen, dass sie die moralischen Urteile der Welt nicht akzeptieren, sondern sich nur von Gottes Wort leiten lassen.

Kann ein Homosexueller erretet werden? Die Antwort ist natürlich: Ja, wenn er seine Sünde bekennt und Jesus Christus als seinen Herrn und Heiland annimmt (Joh. 1,12; Röm. 10,13).

Kann ein Christ in diese Sünde fallen Es ist anzunehmen, dass ein Christ in einem Moment der Schwäche übermannt werden kann. Sollte dem so sein, so kann er durch Bekennen und Brechen mit der sünde Vergebung erlangen (1.Joh. 1,9). Lebt er jedoch weiter in Homosexualität, so ist dies ein Beweis, dass er niemals von neuem geboren worden ist. Jesus sagt: "Deshalb, an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen" (Mt. 7,20).

Einstellung und Praxis

Gibt es einen Unterschied zwischen homosexuellen Neigungen und tatsächlicher Praxis? Ja, es ist sogar ein sehr wichtiger Unterschied. Viele Menschen haben homosexuelle Neigungen, haben sie aber nie ausgelebt. Sie quält die Tatsache, dass sie von ihrem eigenen Geschlecht angezogen werden; sie üben jedoch Selbstdisziplin, um der Versuchung zu widerstehen und ein reines Leben zu leben.

Stimmt die Behauptung: einmal homosexuell, immer homosexuell? Zielt diese Behauptung auf praktizierende Homosexuelle ab, so trifft sie auf keinen Fall zu. Viele Schwule haben sich zu Christus bekehrt und ihren alten Lebensstil verlassen. Der Heilige Geist befähigte sie zu diesem Schritt. Einige der Korinther waren homosexuell, bevor sie Christen wurden, und sie waren davon wirklich befreit (1. Kor. 6,9-11). Was die homosexuelle Neigung betrifft, so kann ein Gläubiger für den Rest seines Lebens dagegen zu kämpfen haben. Wandelt er jedoch seinen sexuellen Trieb in unermüdlichen Dienst für seinen König, den Herrn Jesus, um, so kann er auch darüber den Sieg erringen.

Wie kann Gott einen Schwulen tadeln, wenn er so veranlagt ist? Gott hat niemanden mit dieser Veranlagung geschaffen. Als Gott Adam schuf, war dieser unschuldig und unbefleckt. Aber dann sündigte Adam, und jeder seiner Nachkommen, ausgenommen der Herr Jesus, war verkehrt, ungerecht und sündig. Die Schuld liegt eindeutig bei dem Menschen selbst. Gott für etwas die Schuld zuzuschieben, was Er verboten hat, ist ein schmutiger Trick, eine zwielichte Schuldzuweisung und ein Ablenkungsmanöver von den eigenen sündigen Handlungen.

Ist die Homosexualität eine angeborene Neigung oder ein angeeignetes Verhalten? Es kann eigentlich beides zutreffen. Es sollte keine Überraschung sein, dass ein Mensch mit dieser Störung geboren werden kann. Der Mensch ist von seiner Natur her fürchterlich verderbt und zu jeder möglichen Sünde fähig. Die einen haben auf diesem Gebiet Schwächen, andere auf jenem. Keiner wird verdammt, wenn er mit einer homosexuellen Neigung geboren wird. Setzt er diese Neigung jedoch in die Tat um, so wird er für diese Sünde verdammt. Homosexualität kann jedoch auch ein angeeignetes Verhalten sein. Ein Erwachsener kann z.B. einen Jungen in diese Lebensform locken. Jeder, der so etwas tut, fällt unter Jesu Urteil, wenn Er sagt: "Es wäre ihm nützlicher, wenn ein Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde, als dass er einen dieser Kleinen ärgere!" (Luk. 17,2).

Folgen für Übertreter

Schwule zahlen einen hohen Preis für ihren Lebensstil. Paulus sagt, dass sie "den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst empfingen" (Röm. 1,27b). Der Lohn schließt Geschlechtskrankheiten ein, sowie Pneumocystis (eine Art Lungenentzündung), das Kaposi-Sarkom (eine Form von Krebs) und AIDS (Angeeignete Immunschwäche).

Das schließt auch nagende Schuld, mentale und emotionale Störungen und krankhafte Persönlichkeitsveränderungen ein.

Nachdem Oskar Wilde, ein englischer Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, als Homosexueller entlarvt worden war, schrieb er:

"Die Götter haben mir fast alles geschenkt. Aber ich selbst habe mich zu langen Perioden sinnloser und sinnlicher Genüsse verleiten lassen ... Müde, an der Spitze zu stehen, ging ich freiwillig in die Tiefe, um nach neuen Sinnesreizen zu suchen. Die Paradoxie in meiner Gedankenwelt wurde die Perversion in meiner Leidenschaft. Ich nutzte sorglos andere Menschen aus. Ich vergnügte mich, wann es mir passte und machte damit auch weiter. Ich vergaß, dass jede kleinste Handlung des Alltags einen Charakter aufbaut oder verdirbt und dass daher alles, was irgend jemand jemals im Verborgenen getan hat, ein anderer eines Tages laut von den Dächern ruft. Ich war nicht mehr Herr über mich selbst. Ich war nicht länger Beherrscher meiner Seele, und ich wusste es nicht einmal. Ich ließ das Vergnügen über mich herrschen. Ich endete in fürchterlicher Schande."

Der Weg, von der Homosexualität befreit zu werden, ist derselbe, wie für alle anderen Formen der Lust auch und wurde bereits im Kapitel über moralische Reinheit behandelt. Trotzdem ist weitergehende Seelsorge in jedem Falle wichtig. Wie sollen wir zu Homosexuellen stehen? Als Christen sollten wir sie als Menschen akzeptieren, ohne jedoch ihren Lebensstil gutzuheißen. Da such sie Seelen sind, für die Jesus gestorben ist, sollten wir auf jedem möglichen Weg versuchen, sie für ein Leben in Heiligkeit zu gewinnen. Wir sollten mit ihnen im Geiste der Sanftmut umgehen und uns selbst in acht nehmen, damit wir nicht einer Form der Versuchung nachgeben und in Sünde fallen. Wenn sie standhaft und unbeweglich das Wort Gottes ablehnen und beleidigend und gotteslästerlich werden, sind wir nicht dazu verpflichtet, ihnen das Evangelium aufzuzwingen.


 

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VERÖFFENTLICHUNGEN IM INTERNET:

  1. Homosexualität aus biblischer Sicht
    Beitrag von Abbas Mehrdad

  2. Homosexualität und Bibel
    Eine Erwiderung auf die Pro-Homo-Argumente der kirchlichen Gruppe "HuK" ("Homosexualität und Kirche")

  3. Ihren Schöpfer herausfordern
    Beitrag von Dave Hunt unter THE BEREAN CALL (www.thebereancall.org)

  4. Kein Schicksal
    "Homosexualität muss kein Schicksal sein" (Dr. Joseph Nicolosi)

  5. Ex Schwul

  6. Lebensberichte
    Lebensberichte von Ex-Homos

  7. Literatur
    Literatur-Information

  8. Wüstenstrom
    Christliche Hilfe für sexuelle Probleme

  9. HuK
    Homosexuelle und Kirche - pro-homosexuelle Organisation


 

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BUCHTIPP:

Nicky Gumbel: Heiße Eisen angepackt
Taschenbuch, 130 Seiten. Verlag C.M. Fliß, Hamburg. ISBN: 3-931188-02-7
Der Autor geht hier auf verschiedene brisante Themen ein: Leid, Religionen, Sexualität, New Age, Homosexualität, Wissenschaft, Dreieinigkeit.


 

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Naturrecht
 

Auszug aus dem Essay "Tödlicher Abschied vom Naturrecht" von Dr. Uwe Siemon-Netto in "factum - Das Magazin zum besseren Verständnis unserer Zeit", 25. Jahrgang, Nr. 3/2005. Dr. Siemon-Netto geht hierbei auf Entwicklungen in Gesellschaft und Recht ein, wie wir sie derzeit auf den Gebieten Sterbehilfe, Abtreibung, Homosexualität und anderen derzeit erleben. Einleitend geht er in seinem Artikel auf zwei Geschehnisse ein, die sich bei großem Medieninteresse etwa zur gleichen Zeit ereigneten: Das Sterben von Papst Johannes Paul II. und der Amerikanerin Terri Schiavo (41), die seit 15 Jahren in Florida im Wachkoma lag.

"... Nachts schlief sie, tagsüber hatte sie ihre Augen offen. Ob sie denken oder etwas empfinden konnte, ist bis heute unklar. Ihre Eltern, Robert und Mary Schindler, waren sicher, dass Terri sie wahrnahm. Drei Krankenschwestern bestätigten dies. Fünfzig Ärzte hielten dies auch für möglich.
   Terris Mann und Vormund Michael Schiavo hingegen behauptete, sie sei hirntot, und setzte durch, dass die Schläuche, durch die sie mit Nahrung und Wasser versorgt wurde, aus ihrem Magen gezogen wurden. Michael lebte inzwischen mit einer anderen Frau zusammen und hat mit ihr zwei Kinder. Die Gerichte glaubten ihm und den von ihm zitierten Medizinern, nicht den Schindlers, die bereit waren, ihre Tochter bis zum Lebensende zu Hause zu betreuen.
   Das Drama spitzte sich zu, als Präsident George W. Bush und der Kongress ihre Osterferien unterbrachen, um ein Sondergesetz durchzupauken, das es den Schindlers erlaubte, die Bundesgerichtsbarkeit anzurufen, nachdem die Justiz im Staate Florida in allen Instanzen gegen sie entschieden hatte. Aber auch auf Bundesebene erging es ihnen nicht besser. Selbst der oberste Gerichtshof in Washington lehnte eine Intervention ab. Terri Schiavo musste verhungern und verdursten. Ganz sicher waren die Ärzte augenscheinlich nicht, ob sie während ihres tagelangen Sterbens nicht doch Schmerz spürte. Sie verabreichten Morphium.
   Dieses gespenstische Ereignis hat sich tief in mein Bewusstsein eingegraben. Hier ist etwas Finsteres geschehen, und zwar mit dem Plazet eines Grossteils der Bevölkerung, evangelikaler Christen eingeschlossen. So sehr hat sich das von der Aufklärung und Französischen Revolution herrührende Autonomiedenken in ihren Köpfen festgesetzt, dass die Souveränität über das Leben nicht mehr Gott, sondern allein dem Menschen zugesprochen wird; ...
   Was mich dabei am meisten erschütterte, war dies: Auch die Richter im Fall Schiavo waren praktizierende Christen, die im Zweifelsfalle privat ganz anders dachten als "dienstlich". Dies bewies mir einmal mehr, dass sich in Amerkika - und nicht nur dort - das weltliche Recht vom Naturrecht gelöst hat, jenem Naturrecht, von dem Paulus schreibt, es sei allen Menschen, auch den Heiden, "ins Herz geschrieben" (Römer 2,15).
   Es war spannend zu beobachten, dass in den USA sogar liberale protestantische Theologen zum Fall Schiavo betreten schwiegen, obwohl in ihren Kreisen die Verbindung zwischen Naturrecht und weltlichem Recht umstritten ist oder teilweise verneint wird. Aber die Vorstellung, dass eine Patientin per Richterspruch sterben musste, obwohl sie doch ihren Eltern zur Pflege hätte übergeben werden können, erschien selbst den liberalsten Wollköpfen zu diabolisch. Es kam hinzu, dass Theologen sowohl aus dem Reformjudentum als auch der jüdischen Orthodoxie betonten, nach rabbinischen Gesetzen dürfe einem Kranken niemals die Nahrung vorenthalten werden.
   Jetzt, nachdem der Papst durch sein persönliches Vorbild auch im Sterben gezeigt hat, wie wertvoll das Menschenleben bis zum letzten Atemzug ist, hat der "Fall Schiavo" in den Augen denkender Amerikaner eine ganz neue Dimension gewonnen. Zu deutlich wurden die dämonischen Züge einer Justiz, die sich vom Naturrecht abgenabelt hat. Terris Sterben hat sichtbar gemacht, was eigentlich seit der Freigabe der Abtreibung durch den Obersten US-Gerichtshof 1973 hätte bekant sein sollen: Wird das Gewissen - und darum geht es letztlich hier - unmassgeblich, dann entwickeln sich auch in einer Demokratie Richter zu Mordkomplizen. Der Anblick der seit 1973 abgetriebenen Babys wird der Öffentlichkeit erspart. Aber wer denkfähig ist, muss aus ihrer Zahl - 41 Millionen! - schliessen, dass hier ein rechtlich sanktionierter Völkermord betrieben wird.
   ... Auch ohne die Bibel halten es Menschen aller Kulturen und Religionen beispielsweise für widernatürlich, wenn Männer Männer und Frauen Frauen heiraten. Wenn nun, wie in Amerika geschehen, Richter diese Perversion zu einem von der Verfassung garantierten "Recht" erheben, dann wird auch jedem Heiden, Hindu oder Buddhisten klar, dass dies mit dem Naturrecht unvereinbar ist, was immer die Damen und Herren in schwarzen Talaren beschliessen mögen.
   Für uns christen gilt das Luther-Wort, dass das Naturrecht ein Spiegelbild der göttlichen Gesetze sei. Und nach diesem Naturrecht heiraten Männer Frauen, hat der Mutterleib der sicherste Ort für ein Baby zu sein und werden Kranke gepflegt, nicht umgebracht. Was passiert, wenn sich der Staat von solchen Normen entfernt, wissen wir schliesslich aus dem Dritten Reich, das am 8. Mai vor genau 60 Jahren gottlob untergegangen ist."

Dr. Uwe Siemon-Netto, 67, ist seit 48 Jahren Journalist und hat in diesem halben Jahrhundert die wichtigsten Weltereignisse wahrgenommen, darunter fünf Jahre lang den Krieg in Vietnam. Als 50-jähriger unterbrach er seine Laufbahn, studierte lutherische Theologie und Religionssoziologie und wurde 1992 in Boston zum Doktor in diesen beiden Disziplinen promoviert. Seither schreibt er vorwiegend über religiöse Themen für amerikanisch und deutschsprachige Publikationen. Siemon-Netto lebt in Washington und Südwestfrankreich.


 

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Toleranz
 

Kommentar und Leserbrief aufgrund verschiedener Artikel in der "Main-Post": Vom 23.12.2004 "Christen und Muslime begegnen sich" (Seite C 3) Leserbriefe vom 07.01.2005 (Seite D 3) "Arrogante Bemerkung" (zu "Peter Hahnes Abgesang auf die Spaßgesellschaft") und "Mangel an patriotischen Symbolen?" (zu "Wir brauchen Motivation für unser Volk").

Der Begriff "Toleranz" ist in aller Munde. Die Meinung, der Glaube, die Religion, die Philosophie, das Lebenskonzept der anderen sollen akzeptiert und geachtet werden. Dennoch hat dieser Begriff heute eine derart gravierende Wandlung erfahren, dass er gegenüber öffentlich geäußerten Meinungen vielfach als Waffe verwendet wird. Früher hieß Toleranz: Du kannst machen was du willst, solange du mich in Frieden lässt, auch wenn ich deinen Weg für falsch halte. Heute bedeutet Toleranz: Es gibt nicht mehr richtig und falsch; alles ist gleich wahr, gleich gut ("Und das ist gut so!"). Wem das nicht passt, der ist intolerant.
Es ist gut, wenn die Anhänger unterschiedlicher Religionen sich friedlich begegnen, miteinander reden und Probleme gemeinsam zu lösen versuchen. Dennoch ist der Versuch, die offensichtlichen Unterschiede zwischen den Religionen zu leugnen, unbiblisch und nicht einmal logisch. Im Buddhismus gibt es gar keinen Gott, Ziel ist das Nirwana, eine Rückkehr zum Nichts; der Hinduismus hat ungefähr 330 Millionen Götter, und sein Ziel ist die "Selbsterkenntnis", man soll erkennen, dass man selbst Gott ist. Im Islam gilt Jesus nur als Prophet und die Bezeichnung Gottes Sohn ist dort "Gotteslästerung" (Lästerung Allahs). Die Juden erwarten noch den verheißenen Messias. Jesus Christus selbst stellte aber den deutlichen Anspruch, der alle anderen Religionen ausschließt ("Ich bin der Weg ...; niemand kommt zum Vater als nur durch mich"). Man kann diesen Anspruch zurückweisen ("arrogant", "christlich-abenländischer Schleim"), aber man kann die klare Bedeutung von Jesu Aussage nicht leugnen. Die Floskel "Wir sind alle auf verschiedenen Wegen zum selben Ziel" ist eigentlich intolerant, da zwar "verschiedene Wege" großzügig tolieriert werden, jedoch auf keinen Fall zugestanden wird, dass sie zu unterschiedlichen Zielen führen. Die Bibel sagt hingegen in wahrer Tolaranz, dass es zwei Ziele gibt - Himmel und Hölle - und diese Ziele niemandem aufgezwungen werden. Ich wünsche mir mehr Toleranz gegenüber Christen, die nur den Weg durch Jesus Christus als wahr ansehen.


 

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publichrist im Mai 2005 (Webmaster)

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